Was sind intentionale Gegenstände?
Unter einem intentionalen Gegenstand wird hier somit ein Seiendes verstanden, das als Seinsmodi die Idealität besitzt und als Existenzform folgende Merkmale aufweist: Seinsheteronom, Seinsabgeleitet, Seinsselbständig und Seinsabhängig. Dies entspricht dem neunten Seinsbegriff. Nach Ingardens eigener Zählweise ist es der siebte Seinsbegriff (Vgl. Ingarden, 1964, S. 124). Z. B. ist die Romanfigur (o. ä.) Aljoscha aus Dostojewskijs Roman Die Brüder Karamasow ein intentionaler Gegenstand. Hätte also Dostojewskij Aljoscha nicht als Romanfigur innerhalb seines Werkes Die Brüder Karamasow erdacht und verwirklicht, wäre die Romanfigur Aljoscha ein bloßer „möglicher idealer Gegenstand“ geblieben, der seinsunselbständig wäre, m. a. W. es wäre kein echter idealer Gegenstand mehr. Husserl geht insbesondere in seinen II. Logischen Untersuchung auf das Urdatum der idealen Gegenstände ein:
„Die idealen Gegenstände hingegen existieren wahrhaft. Es hat evidenterweise nicht bloß einen guten Sinn, von solchen Gegenständen (z. B. von der Zahl 2, von der Qualität Röte, von dem Satz des Widerspruchs u. dgl.) zu sprechen und sie als mit Prädikaten behaftet vorzustellen, sondern wir erfassen auch e i n s i cht i g – gewisse kategorische Wahrheiten, die auf solche ideale Gegenständlichkeiten bezüglich sind. Gelten diese Wahrheiten, so muß all das sein, was ihre Geltung objektiv voraussetzt.“ (Husserl, 1901, 124 (130))
Mit Conrad-Martius kann überdies hervorgehoben werden, dass die intentionalen bzw. idealen Gegenstände
„von den Ideen streng zu scheiden [sind]. Die Ideen besitzen […‚] kein ontologisch relevantes eigenes Sein, weil sie – in dieser Hinsicht mit den bloßen Begriffsgegenständen vergleichbar – ihrem Bestehen nach abhängig sind von einer idëierenden cogitatio. Anders jedoch die idealen Gegenstände. Zwar besitzen auch sie ein Sein, das abhängig ist von einer cogitatio. […] Aber in ihrem Wesen und Sein liegt ein Mehr. Sie gehören je einer formalen Sphäre an, innerhalb deren sie einen festen Seinsort besitzen.“ (Conrad-Martius, 1957, S. 64).