Begriffsakt und Begriffsinhalt

Überdies ist zwischen dem psychischen Akt der Begriffsbildung und dem Begriffsinhalt zu differenzieren. Der Begriffsinhalt des Begriffs „Person“ ist kein psychischer Akt, auch keine reale Person, sondern eine seinsheteronome, seins- abgeleitete, seinsselbständige und seinsabhängige Bedeutungseinheit ideal-- geistiger Entität. Auch ist der Begriff kein Urbild (παράδειγμα) oder Abbild (ὁμοίωμα) des gemeinten Dinges oder Sachverhaltes, denn ein Abbild ist keine Bedeutungseinheit, durch die auf etwas meinend abgezielt werden könnte, noch ist ein Abbild notwendigerweise seinsheteronom. Ein Abbild tritt nämlich als Abbild aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Original an die Stelle des Originals, um dieses zu vertreten. Dem Abbild kommt somit eine Vertretungsfunktion zu. Der Begriff hingegen, durch den das Subjekt meinend auf etwas abzielt, hat als solcher keine Ähnlichkeit mit der Sache. Folglich übt der Begriff auch keine Vertretungsfunktion aus; der Begriff nimmt nicht die Stelle der realen Sache ein und „vertritt“ diese deswegen auch nicht. Somit ist die Relation zwischen Begriff und Sache bzw. Abbild und Sache eine Verschiedene. Begriff und Abbild ist aber gemeinsam, dass beide nicht das reale Ding sind und deswegen auch nicht mit diesem identifiziert werden dürfen. Das durch den Begriff gemeinte Etwas ist nicht identisch mit dem Inhalt des Begriffs. Vielmehr bestimmt der Begriffsinhalt das durch den Begriff gemeinte Etwas, also das Formalobjekt des Begriffs. Das durch den Begriff gemeinte Etwas ist somit mehr als die Summe der Charakteristika der Begriffsintention.

Dementsprechend ist weder der Personbegriff als solcher Person, obwohl durch ihn auf die Person meinend abgezielt wird, noch hat ein bestimmter Personbegriff bestimmte notwendige Wesenscharakteristika der Person, wie z. B. geistiges Sein, einen Verstand, einen freien Willen und ein Liebesvermögen. Der Begriff hat überdies ein Materialobjekt und auch ein Formalobjekt. Das Materialobjekt der Bedeutungseinheit ist das durch den Begriff Gemeinte in seinem An-sich-Sein. Das Materialobjekt des Personbegriffs ist somit die Person, wie sie an sich ist. Das Formalobjekt des Begriffs bezeichnet den Begriffsgegenstand in seinem Begriffsspezifischen Gemeintsein. Das Formalobjekt des Begriffs muss somit nicht mit dem Materialobjekt des Begriffs übereinstimmen. Wenn der Begriff, wie bereits herausgearbeitet worden ist, eine ideal-geistige Bedeutungseinheit sui generis ist, durch die das denkende Subjekt meinend auf Dinge oder Sachverhalte abzielen kann, so ist diese Bedeutungseinheit sowohl von dem Gemeinten, z. B. dem realen Ding, der Wesenheit, dem Wesen und dem Sachverhalt etc. zu unterscheiden.