B-1-6a-d

Relevante Zitate

  • S. 45: "Die damit behauptete Unfreiheit des menschlichen Willens hat zwei Aspekte. Der eine besteht darin, nicht Gott zu sein, sondern Geschöpf Gottes und seinem Wirken stets unterworfen. Der andere Aspekt der Unfreiheit ist die Korrumpierung der menschlichen Natur, welche sich der einmal zugezogenen Ausrichtung auf das Böse nicht mehr entziehen kann."
  • S. 43: "Person ist dabei nicht schon der Mensch. Person zu sein ist überhaupt nichts Substanzartiges. Ihr Sein besteht allein durch den Glauben an Christus und auch nur innerhalb dieser Beziehung, weshalb auch der Subjektbegriff nicht anwendbar ist."
  • S. 44: "Analog dazu kann man auch von einem veränderten Begriff des sittlichen Handelns sprechen, der dem tugendethischen Begriff des Sittlichen entgegengesetzt ist. Daß Luther zwischen dem Sein des Menschen und dem Sein der Person strikt unterscheidet, ist nicht bloß eine Folge seiner Paulus-Exegese, deren anthropologischer Kern in der Aussage besteht: “totus homo caro est“ – der ganze Mensch ist Fleisch, d.h. er sucht in allem nur sich selbst."
  • S. 47: "In seinem populär gewordenen Vergleich mit einem Pferd, das abwechselnd von verschiedenen Herren geritten wird, hat Luther die Lage des menschlichen Willens als frei und determiniert zugleich bildhaft dargestellt."
  • S. 48: "Das aktive Moment in der Unfreiheit des Willens gegenüber Gott sieht Luther in der concupiscentia, dem selbstbezogenen Begehren des menschlichen Willens, begründet. Alle menschliche Liebe ist Selbstliebe, weil sie jedes mögliche Objekt der Liebe – auch Gott – nicht vollkommen selbstlos, sondern um der eigenen Erfüllung willen begehrt."
  • S. 48: "Alle menschliche Liebe ist Selbstliebe, weil sie jedes mögliche Objekt der Liebe – auch Gott – nicht vollkommen selbstlos, sondern um der eigenen Erfüllung willen begehrt."
  • S. 49: "In der teleologischen Struktur des menschlichen Handelns, sieht Luther daher eine empirische Bestätigung seiner These von der Unfreiheit des Willens. Das naturhafte Verlangen nach dem angemessenen Gut gilt ihm als Wirkung der im peccatum originale naturhaft gewordenen Konkupiszenz und als empirischer Beleg dafür, dass der Mensch in allem nur sich selber sucht. Das Gute interessiert ihn nicht um des Guten willen, sondern weil er daran Gefallen findet für sich selbst."
  • S. 49: "neue Sicht des menschlichen Handelns als genaue Umkehrung des tugendethischen Handlungsbegriffs: “Nicht indem wir gerecht handeln, werden wir gerecht, sondern [im Glauben] gerecht gemacht, handeln wir gerecht.“"
  • S. 50: "Luther unterscheidet so zwischen dem Sein des Menschen, das von der Selbstbezüglichkeit des Willens her verstanden wird, und dem Sein der Person, das erst durch die Beziehung auf Christus gegeben ist."
  • S. 51: "Das Sein der Person hängt ab von der Relation, die durch den Glauben eröffnet wird."
  • S. 53: "‘Sünde’ fällt damit nicht unter die Kategorie der Qualität, sondern gehört in die Kategorie der Substanz. Sie ist das bleibende Wesen des Menschen in seinem Verhältnis zu Gott, während umgekehrt das Sein der menschlichen Person durch den rechtfertigenden Glauben nur wie ein Akzidenz verstanden werden soll, das einer anderen Person (Christus) “anhängt”."
  • S. 55f: "Wie kann der Person ein Verhalten, nämlich der Akt des Glaubens, zugerechnet werden, wenn das Sein der Person niemals substantialer Grund, sondern stets die Folge des Glaubens ist?"
  • S. 56: "Eine Person, deren Selbst “exentrisch“ ist, muß dann auch in ihren Verhaltensakten exentrisch sein, d. h. vollkommen fremdbestimmt, so wie ein Werkzeug sich nicht selbst bewegt, sondern von der Hand des Handwerkers bewegt wird. Luther selbst gebraucht zur Verdeutlichung des Zusammenwirkens von Gott und Mensch die Handwerker-Analogie von Beil, Säge oder Schwert."
  • S. 56: "Die von Joest versuchte Lösung der diskursiven Schwierigkeiten mit Luthers nichtsubstantialem Personbegriff beruht jedoch auf einer Äquivokation in der Bestimmung des Glaubensaktes als einem “Verhalten des Selbst“."
  • S. 57: "Die Frage bleibt also unbeantwortet, wie und womit “das Selbst des Menschen auf das Wort eingeht”46, wenn dieses “Eingehen” weder als vom Selbst ausgehend noch als bloß instrumentelles Verhalten dieses Selbst verstanden werden soll."
  • S. 59: "daß die “Personwirklichkeit” allein in dem “Verhaltensakt selbst” besteht.48 Die Konstituierung der ‘Personwirklichkeit’ in den Akten des Verhaltens ist jedoch in zweierlei Hinsicht problematisch: Erstens, die Person ist nicht Subjekt, wenn sie nur als Verhaltensakt gedacht ist; zweitens, dieser Akt ist ontologisch unbestimmbar, wenn es nicht das menschliche Subjekt ist, das einen solchen Akt setzen kann."
  • S. 60: "Beide Male wird die noch ausstehende Wirklichkeit des Menschen als “Person” oder als das “Wer des Daseins” radikal geschichtlich gedacht.51 Das Sein der Person ist zunächst nichts als reine Möglichkeit, die erst zu ihrer Wirklichkeit bestimmt werden muß."
  • S. 60f: "Das neue Sein der Person muß darum für Luther im Glauben an die Heilszusage immer wieder neu ergriffen werden – es ist “fest zu statuieren” – gegen das faktische Sein des Menschen, der in der Selbstliebe befangen bleibt."

Quelle:

  • Wald, Berthold. „Die Handlungsbedeutung und der Personbegriff bei Martin Luther“. Espíritu: cuadernos del Instituto Filosófico de Balmesiana 59, Nr. 139 (2010): 43–68.

Tags

  1. #B.1.6a-d
  2. #Wald

Backlinks