Wie kann das dialektische Denken überwunden werden?

Was ist der ein Ausgangspunkt der Untersuchung (Essay)

Die menschliche Person wäre demnach zugleich und in derselben Hinsicht a und non-a und auch wieder nicht.

Diese philosophische Theorie kann auch als Dialektik bezeichnet werden, schließt auch immer ihre eigene Negation per deffinitionem mit ein, sie gilt es später noch genauer darzulegen und zu kritisieren.

Als letzter Personbegriff (Pb 5) des Teilkapitels 3.3.5. soll nun der Personbegriff Derek Parfits vorgestellt und kurz besprochen werden. Parfit vertritt einen Personbegriff, der im Vergleich zum klassischen / metaphysichen bzw. dem hier verteidigten relational-substanzontologischen Personbegriff (vgl. Abb. 3.9.) noch einen größeren geistigen Bruch vollzieht als der lock’sche Personbegriff, an den sich Parfits Personbegriff anlehnt. Aber bei diesen lock’schen Anlehnungen zum Wesen der Person bleibt Parfit nicht stehen. Oder besser ausgedrückt, er zieht aus dieser Persondefinition die implizierten theoretischen Konsequenzen. Wenn die Person sich durch Selbstbewusstsein und überaktuelles (diachronales) Identitätsbewusstsein konstituiert, so gibt es seiner Meinung nach so etwas wie einen ontologischen überaktuellen Bewusstseinsträger überhaupt nicht. „Personal identity is not what matters.“ D. h. so etwas, wie das in dieser Arbeit verteidigte, relationale und substantielle Personsein gibt es nach Parfits Meinung überhaupt nicht. Demzufolge ist seiner Meinung nach die Person und auch die Identität der Person kein Urphänomen, sondern höchstens ein zeitweise nicht determiniertes Epiphänomen der Materie oder der Psyche etc. So wird in letz- ter Konsequenz für Parfit das menschliche Seiende, das „Person“ genannt wird, überflüssig und nichtig.’' Person / Personsein ist somit für Parfit nur noch ein intentionaler Gegenstand. Parfit resümiert deshalb:

„We could therefore describe a person’s life in an imper- sonal way […] persons do exist. But they exist only in the way in which nations exist. Persons are not, as we mistakenly believe, fundamental.“ (Parfit, 1987, S. 445)

Parfits Personbegriff ist folglich mit einem Spezialfall der basalen Relation fünf(bR5; Vgl. Abb. 3.7.) identisch, da er davon ausgeht, das ein und dieselbe Person keine determinierte Identität hat, sondern nur eine vage (unbestimmte), heute ist die menschliche Person Jemand, der sie morgen nicht mehr ist. D. h. dieser Jemand, der aktuell existiert, obwohl die menschliche Person der gleiche Mensch geblieben ist, kann z. B. morgen eine vollkommen andere menschliche Person sein. Diese und dgl. Ansichten über das Sein der Person können als ein dialektisches Personverständnis aufgefasst und bezeichnet werden.

„Hegels Dialektik kann verstanden werden als eine Dynamisierung des Personbegriffs. Das Sich-Haben der Person wird hier als Prozeß der Aneignung dessen verstanden, was wir immer schon sind“.1

Der Mensch als Widerspruchseinheit von Geist und Materie vs. die „Materie als Schenkungsform des Geistes“

„[I]ch kann nichts aussagen über das Wesen von Philosophie und Philosophieren, ohne eine Aussage zu machen über das Wesen des Menschen – und hiermit ist ja doch ein mittelster Bezirk von Philosophie genannt“ (Pieper, 1995a, S. 17).

Die evolutive Weltanschauunge oder auch der dialektische Materialismus begreift den Menschen als ein reines Entwicklungsprodukt der Materie. Gemäß dem dialektischen Denken - es gibt viele verschiedene dialektische Richtungen und Denksysteme - kann der Mensch als bestimmte Phase, der zum Bewusstsein gekommenden, sich im fortwährenden Entwicklungsprozess befindlichen Materie begriffen werden. Eine solche mythologische Weltsicht, die mit dem Evolutinismus kompatibel ist, begreift den Menschen und die Wirklichkeit als dialektisch verspannte Widerspruchseinheit. Im Gegensatz zum banaleren Materialismus - ist das dialektische Denken anspruchsvoller. Es reduziert den Menschen und die Wirklichkeit nicht auf ein Seinsdimension z.B. die Materie. Vielmehr kann das dialektische Denken den Menschen - wie auch das metaphysische Denken - als Einheit von Geist und Matiere begreifen. Freilich versteht das gibt es gemäß der dem dialektischen Denken kein substanzielles Sein und deswegen ist der Mensch gemäß diesem dialektischen Verständnis auch substantielle Leib-Seele-Einheit.

Der Mensch dialektisch gedacht als Widerspruchseinheit von Geist und Materie

Personvergessenheitalsinadäquate Theorie über die menschliche Person

„[I]t is this oblivion of the person [Personvergessenheit], of Selbstsein, that is the problem of modern philosophy’.“2

Außerdem können unter dem latenten Phänomen der Personvergessenheit auch bestimmte Theorien über das Sein der menschlichen Person verstanden werden, nämlich solche, die dem Urphänomen, das menschliches Personsein ist, nicht gerecht werden oder die Eigentlichkeit des menschlichen Personseins verkennen oder es uminterpretieren. Dies trifft, wie bereits aufgezeigt bzw. ange- deutet worden ist, für bestimmte Spielarten des relationalen Personbegriffs, als auch auf alle Personauffassungen zu, denen ein reduktionistischer Seinsbegriff zu Grunde liegt, wie z. B. der empirisch-funktionalistischen Personauffassung oder einer rein naturalistischen-evolutionistischen / spiritualistischen oder dia- lektischen Personauffassung. Auch Spaemann geht z. B. kurz auf eine dialektische Missinterpretation der menschlichen Person ein, mit ihm kann von einer „Dynamisierung der Person“ gesprochen werden. Spaemann schreibt hierzu:

Hat der Mensch bzw. die menschliche Person nach dem metaphysischen Verständnis eine gleichbleibende diachronale Identität und ist ein Für-sich-Seiendens von individuell-ganzheitlichen und irreduzibles zugrundeliegenden Sein so gelten diese metaphysisch notwendigen Wesenscharakteristika für den Menschen - gemäß dialektischen Verständnis - nicht.

Dialektisches Personverständnis


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Footnotes

  1. (Spaemann, 1998, S. 102) Hervorhebung von RB.˄

  2. (Zaborowskis Aussage über eine grundlegende These Spaemanns. 2010, S. 213-214).˄


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