Ist der Begriff eine geistige Entität?

Unter einem Begriff wird hier eine bestimmte geistige Entität, eine Bedeutungseinheit verstanden. Wenn jemand z. B. sagt: „Gerade denke ich über das Wesen der Person nach.“, so kann gefragt werden, was dieser Jemand meint, wenn er über etwas nachdenkt. Über etwas nachzudenken kann nur dann gelingen, wenn man „von etwas“ einen Begriff hat. Wird über etwas nachgedacht, so muss zwischen dem individuell-psychischen Denkakt und dem Denkinhalt, der, im Gegensatz zum psychischen Denkakt aus Begriffen besteht, differenziert werden. Von etwas einen Begriff zu haben heißt also, etwas geistig umbzw. erfasst zu haben.

Es ist überdies zwischen der Begriff, also dem Begriffsumfang, und der Begriffsintension, dem Begriffsinhalt, zu unterscheiden. Begriffsumfang und Begriffsinhalt verhalten sich antiproportional zueinander d. i. je größer der Begriffsumfang ist, desto kleiner ist der Begriffsinhalt und v. v. Z. B. ist der Begriffsumfang von Lebewesen größer als der von Mensch. Da mit dem Begriff Lebewesen alle möglichen Lebewesen bezeichnet werden können z. B. Gott, reiner Geist, Mensch, Einzeller etc. Dementsprechend ist der Begriffsumfang, also die durch den Begriff Lebewesen gemeinten oder bezeichneten Dinge, größer, als der Begriffsumfang des Begriffs Mensch. Hingegen ist der Begriffsin- halt des Begriffs Lebewesen, also die genaue Bestimmung des jeweils gemeinten


Begriffsintention und Begriffsextension im Verhältnis zu einander und für sich (Vgl. Hurley, 2000, S. 88). Mit Husserl ist auch darauf hinzuweisen, dass durch eine reine for- male Begriffsanalyse nichts über reale Dinge gesagt werden kann (Vgl. Husserl, 1900, 139 (145)). Ferner hängt die Bestimmung der Begriffsextension von der Begriffsintention ab. Diese richtet sich, we(Vgl. Ledić, 2007, Abb. Begriffsinhalt/-umfang)


Dinges, kleiner als der Begriffsinhalt des Begriffs Mensch. Ferner gibt es positive und negative Begriffe. Positive Bedeutungseinheiten zie- len meinend auf etwas ab. Negative Begriffe enthalten eine bzw. mehrere Nega- tionen. Wie kann man z. B. das absolute Nichts, das nicht etwas ist, begrifflich-geistig umfassen? Da dies nicht möglich ist, kann z. B. vom absoluten Nichts in Abgrenzung zu anderem Positiven nur ein negativer Begriff bestimmt werden. In diesem Sinn konnotiert ein negativer Begriff auch immer etwas Positives. Duns Soctus’ PersonBegriff ist z. B. in ein solcher negativer Begriff.35 Überdies ist mit Husserl vor der zur Äquivokation führenden Verwechslung von Ausdruck und Bedeutung zu warnen. Es gibt Ausdrücke mit Bedeutung und auch bedeutungs- lose Zeichen, die aber deswegen im eigentlichen Sinn keine Ausdrücke sind.36 Wenn aber vom Begriff als einer geistigen Entität gesprochen wird, so kann hier- mit Verschiedenes gemeint sein. Der Ausdruck „geistiges Seiendes“ ist also äqui- vok. Wenn z. B. mit Aristoteles von einer rationalen Seele (Lebensprinzip) des Menschen ausgegangen wird, so kann diese auch als geistige Entität verstanden werden.

Was ist der Seinsmodus des Begriffs?

Welche fundamentalen Unterschiede bzgl. des Seinsmodus bestehen folglich zwischen dem absoluten Seienden und dem Begriff? Der Begriff ist z. B., im Gegensatz zu Gott,38 seinsheteronom, d. h. er ist trägt den Seinsgrund nicht in sich selbst, sondern ist z. B. durch eine willentliche Tätigkeit des Menschen ins Sein getreten. Des Weiteren ist der Begriff seinsabgeleitet, das heißt er ist nicht schon immer, sondern z. B. erst Kraft eines selbstbewussten personalen mensch- lichen Wesens, das ihn intentional fasst. Der Begriff ist ferner seinsabhängig, d. i. der Begriff ist, insofern ein Subjekt Gedankeninhalte fasst, also denkt. Und schließlich ist der Begriff seinsselbständig, nämlich so ähnlich, wie ein inten- tionaler Gegenstand, z. B. Sir A. C. Doyles Sherlock Holmes seinsselbständig ist. Wenn ein Mensch z. B. einen bestimmten empirisch-funktionalistischen PersonBegriff hat, so kann er diesen mitteilen bzw. aufschreiben. Insofern erhält ein bestimmter Begriff, wie auch m. m. ein intentionaler Gegenstand eine gewisse Form der Seinsselbständigkeit. Nun kann resümiert werden, dass ein Begriff seinsheteronom, seinsabgeleitet, seinsselbständig und seinsabhängig ist und folglich dem neunten SeinsBegriff entspricht (Abb. 4.2.).42 Entsprechend diesen Überlegungen liegen den Denkeninhalten des Menschen Begriffe zu Grunde, d. h. ohne Begriffe kann es keine menschlichen Denkinhalte geben.43 Der Mensch denkt also, indem er durch Begriffe etwas begreift. Auch sind die Begriffe, die den Denkinhalten zu Grunde liegen, ursprünglicher als die Sprache. Die Sprache dient somit der Vermittlung von Denkinhalten, die durch Begriffe gefasst werden. Die von einem Menschen gesprochene Sprache ist ein intentionaler Vorgang, da es sinnvolle, sprich bedeutungstragende Sprache nicht ohne zu Grunde liegende Begriffe geben kann, die wiederum ein geistiges Be- wusstsein bzw. ein rationales Wesen voraussetzen. Das Fassen eines Begriffs, das Begreifen ist auch ein intentionales Geschehen.44 Was wird hier unter Intentionalität (Private) verstanden? „Intentionalität“, so kann mit Hans-Eduard Hengstenberg (1904-1998) ausgedrückt werden, „ist das Gerichtetsein auf einen Gegenstand, ein Etwas überhaupt.“ Überdies kann die menschliche Sprache auch als geisti- ge Selbstmitteilung des denkenden Subjektes aufgefasst werden.46 Denn in dem durch Menschen gesprochenen Wort drückt sich immer auch das Sein und We- sen des Menschen mit aus. Deswegen ist auch das gesprochene Wort des Men- schen von einer maschinellen Sprachsimulation wesensverschieden. Wenn der Mensch eine Person im Leib ist, so ist das Sprechen eine personale leib-seelische Handlung (Akt). Wie kann dieser Sachverhalt weiter verdeutlicht bzw. zur Einsicht gebracht werden? Ohne hier das Fachgebiet der Linguistik oder Philologie zu konsultieren, kann philosophisch davon ausgegangen werden, dass durch die bedeutungstragenden Zeichen bzw. Laute und Wörter bestimmte Begriffe, die dem menschlichen Denken zu Grunde liegen, vernehm- bzw. erkennbar ausgedrückt werden. Genau dies kann die Maschine im Gegensatz zu geistigen Menschen nicht. Verstehen bzw. Begreifen ist somit ein geistiger Vorgang, der einen sich seines Selbst bewussten Geist voraussetzt.


Untergruppen
  1. Personbegriff
  2. Zum Verhältnis von Wort und Begriff
  3. Begriffsinhalt
  4. Begriffsumfang
  5. Was ist ein adäquater Begriff
  6. Begriffsakt und Begriffsinhalt