Was ist Wahrheit?

In seinen Logischen Untersuchungen schreibt Husserl über die Wahrheit:

„Was wahr ist, ist absolut, ist ‘an sich’ wahr; die Wahrheit ist identisch Eine, ob sie Menschen oder Unmenschen, Engel oder Götter urteilend erfassen. Von der Wahrheit dieser idealen Einheit gegenüber der realen Mannigfaltigkeit von Rassen, Individuen und Erlebnissen sprechen die logischen Gesetze und wir alle, wenn wir nicht etwa relativistisch verwirrt sind.“ (Husserl, 1900, 117f. (125))

Wahrheit und Wissenschaft

„Jede Wissenschaft läßt sich aber noch in anderer Hinsicht betrachten, nämlich nach dem, was sie lehrt, nach ihrem theoretischen Gehalt. Was – im idealen Falle – jeder einzelne Satz aussagt, ist eine Wahrheit. Keine Wahrheit ist aber in der Wis- senschaft isoliert, sie tritt mit anderen Wahrheiten zu theoretischen Verbänden zusammen, geeinigt durch Verhältnisse von Grund und Folge. Dieser objekti- ve Gehalt der Wissenschaft ist, soweit sie ihrer Intention wirklich genügt, von der Subjektivität der Forschenden, von den Eigenheiten der menschlichen Natur überhaupt völlig unabhängig, er ist eben objektive Wahrheit“ (Husserl, 1900, 162 (166)).

Erkenntnis von Wahrheit

Die Möglichkeit, objektive Wahrheit zu erkennen, ist für die menschliche Person von entscheidender Bedeutung, wie u. a. Heinrich von Kleist (1777-1811) eindrücklich autobiographisch beschrieben hat (Vgl. z. B. Kleist, 1993, S. 634). Mit Spaemann sei hier ferner betont:

„Der Relativismus, der heute die Voraussetzung des politisch Korrekten ist, signalisiert den Verzicht auf Wahrheit. Der Anspruch auf Wahrheit ist selbst schon politisch unkorrekt, weil man ihm unterstellt, die Gleichberechtigung des anderen nicht anzuerkennen. Damit wird aber auch die Toleranz bedeutungslos, denn sie muss einen Grund haben, der nur in der Achtung der Würde des anderen bestehen kann. Dazu gehört, ihm die Wahrheitsfähigkeit zuzusprechen. Nichteinmischung im Meinungsstreit ist keine Toleranz – Gleichgültigkeit vor der Meinung des anderen bedeutet, ihn nicht ernst zu nehmen. Dann erlischt der Diskurs. Michel Foucault, auch jemand, der an Wahrheit überhaupt nicht glaubte, sah im Diskurs nur einen Machtkampf mit anderen Mitteln: Es ginge nicht mehr darum, Wahr- heit zu suchen, weil es sie gar nicht gibt, sondern darum, sich zu behaupten und durchzusetzen. Das Denken kann aber, ohne sich selbst zu zerstören, nicht auf Wahrheit verzichten“ (Spaemann, 2014, S. 67)


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  1. Ontologische Wahrheit
  2. Veritas Vitae
  3. Was ist die logische Wahrheit?

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